Neuer § 40 SGB V stärkt das Patientenwunsch- und Wahlrecht
Mit der Reform des § 40 SGB V schränkt der Gesetzgeber die Bewilligungspraxis vieler Krankenkassen ein, nach der die billigste Klinik auch die beste für den Patienten ist. Die unsachgemäß restriktive Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts durch die Rechtsprechung des BSG wird revidiert.
Zurückliegend sind an den Arbeitskreis Gesundheit e. V. viele Patienten mit der Klage herangetreten, dass Krankenkassen in AHB- und Reha-Antragsverfahren unrechtmäßig Zuzahlungen für die Bewilligung von Wunschkliniken verlangen oder die Wünsche des Patienten nach einer medizinisch besser geeigneten Klinik einfach übergehen.
Hierfür beriefen sich viele Krankenkassen immer wieder darauf, dass sie nur ihre "Vertragskliniken" bzw. die billigste Klinik belegen könnten, da sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu allererst an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden seien; das in § 9 SGB IX geregelte Wunsch- und Wahlrecht des Patienten sei nachrangig. Medizinische Aspekte blieben bei dieser Praxis allzu oft auf der Strecke.
Durch die mit dem am 23.07.2015 in Kraft getretenen GKV-Versorgungstärkungsgesetz erfolgte Änderung des § 40 SGB V wird diesen Missständen nun abgeholfen, indem das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten zusätzlich gestärkt und die unangemessene Rechtsprechung des BSG korrigiert wird.
Mit der Änderung des § 40 Abs. 2 SGB V wird es Versicherten jetzt regelmäßig ermöglicht, bei ihrer Krankenkasse eine medizinisch geeignete Wunschklinik – ggf. gegen Übernahme von Mehrkosten – durchzusetzen. Neu und bemerkenswert ist, dass entgegen der jüngsten Rechtsprechung des BSG der Versicherte keine Mehrkosten für seinen Klinikwunsch zu tragen hat, wenn er seine medizinisch geeignete Wunschklinik mit seiner persönlichen Lebenssituation, dem Alter, dem Geschlecht, der Familie sowie religiösen und weltanschaulichen Bedürfnissen begründen kann (§ 9 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX).
Ist jedoch unter Berücksichtigung des § 9 SGB IX die von der Krankenkasse zugewiesene Einrichtung gleichermaßen für den Patienten und dessen Reha-Erfolg geeignet und kann die Wunschklinik nur durch zusätzliche individuelle Bedürfnisse, wie z. B. gehobene Zimmerausstattung oder medizinische Wahlleistungen, begründet werden, ist ein Zuzahlungsverlangen der Krankenkasse für die Bewilligung der Wunschklinik berechtigt. Bisher konnten die Krankenkassen spezielle Klinikwünsche ihrer Versicherten gänzlich ablehnen. Nun wurden die Rechte der Patienten aber deutlich gestärkt.
Es bleibt abzuwarten, wie die Ergänzung des § 40 Abs. 2 SGB V in der Praxis umgesetzt wird. Möglicherweise verlangen Krankenkassen zukünftig bei ihren Ermessensentscheidungen regelmäßig Zuzahlungen von ihren Versicherten. Hierbei wird durch die Krankenkassen oft nicht berücksichtigt, dass eine insbesondere durch Attest begründete bessere medizinische Eignung der Wunschklinik schon nach alter Rechtslage zwingend zur Zuweisung dieser Klinik ohne Zuzahlung führt, auch wenn diese Klinik nicht Vertragsklinik der Krankenkasse ist.
Zuzahlungsverlangen sollten deshalb generell überprüft werden. Darüber hinaus werden den Patienten oftmals formlose Einverständniserklärungen unter Nennung eines pauschalen Mehrkostenbetrages zur Unterschrift vorgelegt. Der Arbeitskreis Gesundheit empfiehlt, sich die Zusammensetzung der Mehrkosten durch die Krankenversicherung schriftlich erläutern zu lassen. Für weitere Informationen und Beratung wenden Sie sich bitte direkt an den Arbeitskreis Gesundheit e.V.
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